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Haushalt 2024 der Gemeinde verabschiedet

Haushalt 2023

Haushaltsrede 2024

Bürgermeister Jörg Wilhelmy

„Liebe Gemeinderatsmitglieder,

liebe Ensdorferinnen und Ensdorfer,

liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

über die Aufstellung des Haushaltsentwurfes 2024 könnten die Leiterin des Fachgebiets Finanzen und ich ein Buch schreiben.

Gestartet mit der Aufforderung um Mittelanmeldung an die Ämter im Sommer 2023 und deren Einarbeitung - im wahrsten Sinne des Wortes unter Schmerzen - sowie bis dahin schon zahlreichen Abstimmungen mit dem LaVa (Landesverwaltungsamt), ist die Verwaltung Mitte Januar 2024 zu einem Abstimmungsgespräch mit Vertretern der Obersten Kommunalaufsicht im Ministerium aufgeschlagen. Die im 1. Entwurf des Haushaltes ausgewiesenen Zahlen, wiesen zwar „lediglich“ einen Verlust von 1.137.379 € aus, allerdings ist dieses Planergebnis für den Genehmigungsgeber des Haushaltes eher sekundär. Viel prekärer und für die Genehmigung des Haushalts nach dem SaarlandPaktG einzig von Bedeutung ist das Ergebnis des strukturellen Defizits. Dieses lag sage und schreibe bei einem negativen Saldo von ca. 2,1 Mio €, wo klar war, dass der Haushalt in der Form niemals genehmigt werden würde.

Aber warum ist das so?

Haben der Bürgermeister und seine Verwaltung schlecht gewirtschaftet? Oder hat sich der Gemeinderat in der Vergangenheit zu viel geleistet?

Oder gibt es vielmehr exogene Gründe, die im Wesentlichen außerhalb der Einflussnahme der örtlichen Entscheidungsträger liegen und die nicht nur die Gemeinde Ensdorf sondern ganz viele andere Gemeinden – ob an der Saar oder in der Republik – betreffen?

Denn ungeachtet des hohen strukturellen Defizits, bescheinigen uns - also als Gemeinde Ensdorf - sowohl LaVa als auch Oberste Kommunalaufsicht, eine ordnungsgemäße, insbesondere aber sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung. In meinen Gesprächen mit den dortigen Akteuren wird bestätigt, dass wir keinerlei Personalauswüchse verzeichnen oder sonstige exotische Projekte begonnen oder betrieben haben.

Und vielmehr noch – auch ein Handlungsdruck zur Verbesserung der örtlichen Infrastruktur wird anerkannt, für den uns aber das Geld bzw. die notwendige Kreditermächtigung – jedenfalls in erforderlicher Höhe fehlt.

Hier bin ich sehr dankbar für die von Innenminister Reinhold Jost in Aussicht gestellten Bedarfszuweisungen. Mein besonderer Dank geht an der Stelle an den Fraktionsvorsitzenden der SPD, Christoph Lauer, der sein politisches Gewicht in die Waagschale eingebracht hat.

Werfen wir vergleichsweise einen Blick in das vom Difu (Deutschen Institut für Urbanistik) erstellte KfW-Kommunalpanel 2024. Demnach beläuft sich deutschlandweit der kommunale Investitionsrückstand auf 186 Mrd. €.

Über die Hälfte der Kommunen bewertet ihre Finanzlage schon heute als nur noch „ausreichend“ oder sogar „mangelhaft“ – ich bewerte unsere eher mit „ungenügend“. Fast 90 Prozent erwarten für die kommenden Jahre eine sich weiter verschlechternde Finanzlage. Während die Ausgaben der Kommunen infolge von Inflation, Tarifabschluss sowie steigenden Kosten für soziale Leistungen weiter dynamisch wachsen, ist bei den Steuereinnahmen nur mit einem leichten Wachstum zu rechnen – eine Einschätzung, von der wir allenfalls träumen können.

Der wahrgenommene kommunale Investitionsrückstand beläuft sich nach dem Kommunalpanel 2024 auf rund 186,1 Mrd. € (Hochrechnung für alle Kommunen mit mehr als 2.000 Einwohnern in Deutschland). Der Investitionsrückstand wächst nominal damit im Vergleich zum Vorjahr um 20,5 Mrd. € an.


Mehr als die Hälfte der Investitionsbedarfe gehen auf die Bereiche Schulen und Erwachsenenbildung (54,876 Mrd. €, +7,3 Mrd. € zum Vorjahr), sowie Straßen und Verkehrsinfrastruktur (48,26 Mrd. €, +9,7 Mrd. zum Vorjahr), zurück. Ebenfalls stark gestiegen ist der wahrgenommene Investitionsrückstand beim Brand- und Katastrophenschutz (+4 Mrd. € auf 16,32 Mrd. €). Weitere größere Blöcke des Investitionsrückstands stellen Verwaltungsgebäude (18,79 Mrd. €), Kitas (12,71 Mrd. €) und Sportstätten – dazu zählen auch Schwimmbäder (12,12 Mrd. €) - dar.

Als Investitionshemmnisse werden neben den grundsätzlich fehlenden Finanzmitteln (55 % der Kommunen) und unpassenden Fördermittelangeboten (43 %) vor allem nichtmonetäre Hemmnisse, wie komplexe und zeitaufwändige Verfahren und Vorgaben (ca. 60 %), Liefer- und Kapazitätsengpässe der Bauwirtschaft (60 %) sowie Personalmangel – und ich sage hier auch ganz bewusst Personalausstattung in der Bauverwaltungselbst (56 % deutliche Verzögerungen, fast 30 % Nichtdurchführung der Projekte).

Wie die Kommunen ihre Investitionen finanzieren, hat sich im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert. Eigenmittel machen rund die Hälfte im Finanzierungsmix aus, während sich die andere Hälfte weitgehend aus Fördermitteln (22 %) sowie Kommunalkrediten (24 %) zusammensetzt. Angesichts der sich verengenden Haushaltsspielräume erwartet jede zweite Kommune eine steigende Bedeutung der Kreditfinanzierung.

Diesjähriges Schwerpunktthema des Kommunalpanels war der Investitionsstau bei den kommunalen Verwaltungsgebäuden. Diese sind häufig modernisierungsbedürftig und machen den drittgrößten Block im Investitionsrückstand aus, genießen jedoch nur geringe Priorität bei der kommunalen Investitionstätigkeit.

Ein zeitgemäßer Zustand der Verwaltungsgebäude erscheint jedoch aus verschiedenen Gründen erforderlich. Denn für die Bürgerinnen und Bürger spiegelt der Zustand der Rathäuser den Eindruck wider, den sie vom Staat haben.

Kommen wir zurück auf den lokalen Haushalt 2024.

Die Verwaltung war gehalten, in diversen Tabellen aufzuzeigen, durch welche Auslöser diese Situation entstanden ist. Darüber hinaus wurden Handlungsoptionen abgefragt, wie der Situation künftig entgegengewirkt werden kann. Auch dem Gemeinderat wurden bereits im Januar als Tischvorlage diese ersten Entwürfe und Möglichkeiten aufgezeigt. Um aufzuzeigen, in welcher (unverschuldet) desaströsen, ja eigentlich hoffnungslosen Situation die Gemeinde sich befindet, wurde z.B. eine Erhöhung der Grundsteuer B von 465 v.H. Prozentpunkte auf 680 v.H. Prozentpunkte, (den im Saarland höchsten Satz z.Zt. bei der Gemeinde Gersheim), eine Erhöhung der Gewerbesteuer von 430 v.H. auf 490 v.H. Prozentpunkte (Stadt Saarbrücken), hochgerechnet, allein um zu zeigen, was eigentlich zu tun wäre, um den Vorgaben des SPaktG Genüge zu tun. Auch wurde eine Erhöhung der Hallenbenutzungsgebühren, eine Schließung des Freibades und die Streichung sämtlicher freiwilliger Leistungen (z.B. Windelzuschuss, Vereinszuschüsse, öffentliche Veranstaltungen) erwogen und mit ihren voraussichtlichen Auswirkungen hochgerechnet. Dabei wurde aufgezeigt, dass eine Schließung des Freibades - optional betrachtet - auf der Einnahmeseite einen Fehlbetrag von 25.900 € und auf der Ausgabenseite (lediglich) eine Ersparnis von ca. 162.480 € erbringen würde, da laufende Mietverträge bzw. Personalkosten nicht sofort und in Gänze wegfallen würden. Im Nachgang zu den Besprechungen mit LaVa und MIBS hatte die Verwaltung weitere Einsparmaßnahmen und Möglichkeiten (Anlage 1a) aufzuzeigen, die in Erwägung gezogen werden könnten, um die Defizitobergrenze des Saarlandpaktgesetzes zu halten. Hierbei wurden noch weitere freiwilligen Leistungen aufgeführt, die summiert einen Betrag von 71.700,- € Einsparpotential ergeben. Erkennbar ist, dass alle Bemühungen letztlich nicht ausreichen werden, um die Defizitobergrenze nicht zu reißen. Vertreter des Ministeriums und der Kommunalaufsicht haben der Gemeinde eine ordnungsgemäße Haushaltsführung und insbesondere einen erkennbaren Sparwillen bescheinigt. Auch hier wurde bestätigt, was die Verwaltung seit Jahren kommuniziert, dass die Gemeinde ein Einnahme- aber kein Ausgabeproblem hat. Dabei wurde von Ministeriumsebene ausdrücklich anerkannt, dass man eine Gemeinde auch nicht kaputtsparen dürfe und es für die örtliche Gemeinschaft wichtig sei, attraktive Angebote vorzuhalten.


In Würdigung dessen, wurde in einem (vorläufig) abschließenden Gespräch deutlich gemacht, dass die Gemeinde Ensdorf einen schmerzlichen aber erkennbaren Schritt zur Verbesserung der Einnahmesituation anzustreben habe, um das entstandene Defizit auszugleichen. Während anfangs sowohl eine Grundsteuer Erhöhung auf den saarlandweit höchsten Satz von 680 Prozentpunkten und gleichzeitig eine Erhöhung der Gewerbesteuer auf den landesweit höchsten Satz von 490 Prozentpunkten erwartet wurde, konnte die Verwaltung den Haushaltsgenehmigungsgeber davon überzeugen, dass ein solcher Schritt angesichts der derzeitigen konjunkturellen Lage sowie der bevorstehenden Ansiedlung eines US-amerikanischen Halbleiterproduzenten kontraproduktiv wirken könnte. Ebenfalls wurde der Gemeinde zugestanden, auf das Streichen der freiwilligen Leistungen und insbesondere die Schließung des Bades zu verzichten, um den Ort für die Bürgerinnen und Bürger lebenswert zu halten – dies allerdings mit der Maßgabe, ein deutliches Signal zur Einnahmeverbesserung zu setzen.

Durch und nach dem Hochwasserereignis hat sich die Lage dann erneut geändert. Auf Ministerratsebene gibt es offenbar Überlegungen, die Vorgaben des SPaktG möglicherweise zu entschärfen und auf der Zeitachse gfs. zu verschieben und/oder prozentuale Abschläge von der Einhaltung zuzugestehen. Allerdings sind Art und Umfang dieser Maßnahmen noch nicht endgültig beraten und dementsprechend kommuniziert. Insofern stellt ein Haushaltsbeschluss, der die Einnahmesituation nicht verbessert, im Hinblick auf die Genehmigungslage durchaus ein Risiko dar, wenngleich ich auch anerkenne, dass selbst eine moderate Erhöhung von Grundsteuern nach der Wahl den Steuerpflichtigen nur schwer zu vermitteln gewesen wäre.

Seit Beginn meiner Amtszeit spreche ich Jahr für Jahr davon, dass die Gemeinde finanziell gesehen schweren Zeiten entgegengeht und dass schwere Entscheidungen unausweichlich scheinen. In diesem Jahr scheinen wir nun nur ganz knapp an dieser Pflicht vorbei geschrammt zu sein, aber ich wage die Behauptung, dass aufgeschoben - wie meist - nicht aufgehoben bedeutet und prognostiziere, dass ein „Weiter so“ dem „Ritt auf der Rasierklinge“gleichkommt.

Lassen Sie mich abschließend versuchen, positiv auf künftige Vorhaben der Gemeinde und damit den Investitionsplan zu blicken:

Erlauben Sie mir dazu den kleinen Hinweis, dass ich sehr froh darüber bin, dass die Projekte, die nahezu überwiegend, ja fast ausschließlich in der Vergangenheit von der Verwaltung angestoßen wurden, offenbar doch auf so breite Zustimmung der ein oder anderen im Rat vertretenen Fraktion getroffen sind, dass sie sich in den Faltprospekten, die in den letzten Wochen verteilt wurden, niedergeschlagen haben.

Die Gemeinde beabsichtigt in diesem Jahr 3.043.330 € zu investieren. Dazu stehen rund 2.267.220 € an Einnahmen – hauptsächlich aus Zuschussprogrammen von Bund und Land sowie Bedarfszuweisungen des MIBS zur Verfügung. Das Delta in einer Größenordnung von rd. 776.000 € muss über Darlehen finanziert werden. Aufmerksame Ratsmitglieder wissen aus der Vergangenheit in etwa, in welcher Größenordnung die Kreditlinie der Gemeinde Ensdorf liegt, nämlich zuletzt stets bei knapp 580.000 €.

Das Delta zur benötigten Summe kann insofern geschlossen werden, als dass der Gemeinde Sonderkredite für energetische Maßnahmen (bei Schule/Hort im Mensabereich, beim Dach des Kindergartens und der weiteren Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED) in einer Größenordnung von rund 251.470,00 € zur Verfügung gestellt werden. Unterm Strich bleiben uns rund 55.000 €, die wir ansparen bzw. für unvorhergesehene Maßnahmen verwenden könnten.

Die Verwaltung hat einen Schwerpunkt der Maßnahmen im Entwurf des Investitionsplans auf den Bereich der Kinderbetreuung und den damit einhergehenden Investitionen in Kita und Krippe gelegt. Hier dürfen wir uns auch für den Frühherbst endgültig auf die Fertigstellung des Anbaus freuen.

Ganz besonders froh bin ich, dass wir den eingeschlagenen Weg für einen Ersatzneubau des Plattenbaus weitergehen dürfen und derzeit entsprechende Leistungen für den nächsten Schritt in Vorbereitung sind.


Die bereits erwähnten, zwingend notwendigen Ertüchtigungen im Rathaus unter den Stichworten Fenstertausch und Sonnenschutz sowie Ertüchtigung des Aufzugs sollen ebenso Erwähnung finden, wie die bereits angesprochenen Investitionen im energetischen Bereich in anderen Objekten.

Genauso sind Investitionen in den weiteren Ausbau der Digitalisierung der Verwaltung vorgesehen.

Anschaffungen für die einsatztechnische Ausstattung der Feuerwehr sind erneut und ebenso in diesem Jahr vorgesehen wie der redaktionelle Hinweis in der mittelfristigen Finanzplanung zur Beschaffung eines Tanklöschfahrzeuges in 2029/2030. Ich habe im Übrigen den Wehrführer dazu eingeladen, in Würdigung der einsatztaktischen Bilanz aus dem Pfingstwochenende, die jetzt vorgesehenen Investitionen zu Lasten hochwasserspezifischer Anschaffungen zu tauschen oder zu ergänzen -   wozu ich mir dazu auch wieder Bedarfszuweisungen des Landes erhoffe.

Sehr froh bin ich, Ihnen 2 Maßnahmen vorzuschlagen, die die Vereinswelt des RKV und auf Antrag der SPD Fraktion des FCE in 2024 bzw. 2025 nachhaltig unterstützen und für deren Erhalt bzw. Wiederbelebung sorgen sollen. Und am Ende dieser Aufzählung möchte ich auch die Veranschlagung der Mittel zum Umbau des Schwimmbadgebäudes zu einem Dorfgemeinschaftshaus nicht unerwähnt lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

das Hochwasser an Pfingsten hat zwar kaum erkennbar - gleichwohl in beachtlicher Summe - Schäden an Brücken rund um den Schwimmbadbereich verursacht. Derzeit ist noch nicht absehbar, ob und gfs. in welcher Höhe die Gemeinde zur Regulierung Unterstützung erhält. Insoweit weise ich zum Abschluss darauf hin, dass die mittelfristige Finanzplanung des Jahres 2025 dazu noch keine Aussagen enthält.

Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zum Haushaltsentwurf 2024.“

-Ende der Haushaltsrede-


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